Baumpflege und -nachpflanzung im Bezirk

Schriftliche Anfrage BV Susanne Zels

1. Welches Budget bzw. finanziellen Ressourcen aus dem im Bezirk beschlossenen Haushalt stehen dem Grünflächenamt für die Baumpflege und -nachpflanzung zur Verfügung?

Von den 4,7 Mio. €, die dem Grünflächenamt für alle Flächen des Kapitels 3810 (Straßen-bäume, Spielplätze, Vergabereviere 1 bis 4, Wasserkosten, Schulhöfe, Werkhof/Material, Revier Nord, Revier Süd) zur Verfügung stehen, sind 1,95 Mio. € zur Erfüllung der Zielverein-barung Straßenbäume für alle Vergabemaßnahmen für die Straßenbauminspektion zuge-ordnet. Dabei wird der überwiegende Anteil zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit der Straßenbäume verwendet.

2. Welche personellen Ressourcen stehen im Grünflächenamt für die Baumpflege und -nachpflanzung zur Verfügung?

Es gibt keine personellen Ressourcen, die sich ausschließlich mit Pflege und/oder Pflanzung beschäftigen, sondern alle anfallenden Aufgaben müssen von 3 Personen bewältigt werden:
Stellungnahmen zu Bauanträgen, politischen oder Bürgeranfragen, Sondernutzungs-/Fällanträge, Baumwertermittlung nach Koch, Verkehrsunfälle, Aufgrabungen von Leitungs-trägern, Schadensfälle, Beauftragung externer Gutachter, Ausschreibung, Vergabe, Bau-überwachung, Rechnungsprüfung aller vergebenen Leistungen, Kontrolle Baumschutz, Prü-fung von Baumstandorten, Betreuung von Spendern, Kontrolle der ordnungsgemäßen Baum-kontrolle, überbezirkliche Gremienarbeit, Pflanzlisten und Begleitung der Stadtbaumkam-pagne und weitere Tätigkeitsfelder.

3. Nach welchen Kriterien entscheidet das Grünflächenamt, wo und wann in die Baumpflege und -nachpflanzung im Bezirk investiert wird?

Alle Bäume werden regelmäßig auf ihren Zustand und insbesondere ihre Verkehrssicherheit kontrolliert. Verkehrssicherheit hat immer Vorrang. Der Gesetzgeber gibt in der Baumschutzverordnung (BaumSchVO) vor, dass alle Straßenbäume, die aufgrund von Baumaßnahmen (z.B. Gebäudebau, Straßensanierung, Verlegung von Versorgungsleitungen) gefällt werden, durch Ausgleichspflanzungen ersetzt werden müssen. Erfolgt eine Straßenbaumfällung jedoch aus Gründen der Verkehrssicherheit oder weil der Baum krank ist oder seine ökologische Funktion nahezu verloren hat, dann ist keine
Ersatzpflanzung erforderlich. Die allermeisten Fällmaßnahmen, die im Bezirk durchgeführt werden, erfolgen aus Gründen der Verkehrssicherheit. Doch auch wenn wir nicht dazu verpflichtet sind, diese Bäume durch Neupflanzungen zu ersetzen, so sind wir doch generell darum bemüht, so bald wie möglich nachzupflanzen. Jeder Pflanzung geht eine Prüfung des Standortes voraus. Ist der Standort
mit seinen ober- und unterirdischen Rahmenbedingungen geeignet, so müssen nicht nur die Kosten für die Pflanzung selbst, sondern auch für die Pflege einschließlich Bewässerung der nachfolgenden fünf Jahre sichergestellt sein. Es wird vorrangig in Straßen nachgepflanzt, in deren Umfeld der Baumbestand bereits große Lücken aufweist bzw. wenn sich für diesen Standort ein Spender findet. Und auch aus ökologischen Gründen ist eine Neupflanzung direkt am Standort des gefällten Baumes nicht in jedem Fall sinnvoll. Denn in der Vergangenheit wurden Bäume auch auf Standorte gepflanzt, die für Bäume nur bedingt geeignet waren. Ferner wurden Straßenbäume früher teilweise zu eng zueinander gepflanzt. Wenn in diesen Fällen Bäume gerodet werden, kommt es an diesen Standorten nicht zu Nachpflanzungen.

4. Erfasst das Grünflächenamt, wo im Bezirk ein besonderer Bedarf für Investitionen in die Baumpflege und -nachpflanzung besteht und wenn ja, wo besteht ein solcher Bedarf?

Alle „leeren“ Baumstandorte sind erfasst, sodass bei der Auswahl der Standorte für Neupflanzungen auch das Vorhandensein größerer Lücken als Kriterium berücksichtigt werden kann. Besondere Bedarfe, die sich beispielsweise aus veränderten klimatischen Bedingungen oder verschlechterte Standortbedingungen ergeben werden nicht erfasst. Darüber hinaus sind gerade alte Bäume zu Zeiten gepflanzt worden, zu denen andere Anforderungen an den Straßenquerschnitt bzw. andere Anforderungen des Fußverkehrs, Radverkehrs, Parkraums und der Barrierefreiheit galten – oder die Bäume haben sich über die ursprünglich vorgesehenen Standorte hinaus entwickelt. Im Ortsteil Westend ist dies häufiger festzustellen. Hier braucht es perspektivisch eine langfristige Planung, wie das Straßenbegleitgrün weiterentwickelt werden soll. Weitere Erläuterungen liefern die Antwort zu 3 und 5.

5. Welche Maßnahmen ergreift das Grünflächenamt um das Defizit der Baumnachpflanzungen der vergangenen Jahre (siehe Drs. 0004/6) zu kompensieren?

Ich verweise auf die Antwort auf die inhaltsgleiche Frage der 17. Mündlichen Anfrage auf Drucksache 0004/6:
“Idealerweise haben Straßenbäume eine hohe Toleranz gegenüber den Standortbedingungen in der Stadt. So sollten sie zum Beispiel gut mit Trockenheit, Wind, geringem Wurzelraum, mechanischen Belastungen, Salzeinträgen und Hundeurin zurechtkommen. Förderlich ist auch eine ausgeprägte Widerstandsfähigkeit gegenüber Schadorganismen. Von enormer Bedeutung ist es zudem, dem fortschreitenden Klimawandel Rechnung zu tragen. Denn die Bäume, die wir heute pflanzen, müssen auch mit den in mehreren Jahrzehnten vorherrschenden Klimabedingungen zurechtkommen! Wichtig ist aber auch, dass die Bäume sich gut ins Straßenbild integrieren. Aus diesem Grund ist insbesondere die Wuchsform zu beachten. Zur Herstellung des sogenannten Lichtraumprofils – hindernisfreier Raum über der Straße – ist die Schnittverträglichkeit der Bäume wichtig. Weiterhin ist ein geringerer Pflegebedarf von Vorteil, weshalb robuste Arten besonders geeignet sind. Insgesamt werden im Bezirk viele verschiedene Baumarten gepflanzt werden, um Lebensräume für wildlebende Insekten und Tiere zu schaffen bzw. zu erhalten sowie den Baumbestand insgesamt unempfindlicher gegen Krankheiten und Schädlinge zu machen. Gleichzeitig sorgt dies für Abwechslung und Vitalität im Stadtbild. Es sind in der Regel jährlich eigene Pflanzungen im Bezirk zusätzlich zur Berliner Stadtbaumkampagne geplant, um den grünen Charakter des Bezirks zu erhalten. Voraussetzung für die Nachpflanzung ist grundsätzlich eine Eignungsprüfung vor Ort. Neben den Kosten für die Pflanzung muss die Pflege einschließlich Bewässerung für die nachfolgenden 5 Jahre gesichert sein. Hierfür sind ausreichend Personal und Finanzmittel nötig. Da der Klimawandel auch für Bäume veränderte Rahmenbedingungen schafft, werden derzeit in verschiedenen Forschungsprojekten, wie etwa vom Arbeitskreis Stadtbäume
der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz (kurz: GALK; Link:
https://www.galk.de/arbeitskreise/stadtbaeume), unterschiedliche Baumarten für den Extremstandort Straße getestet. Denn einige der gängigen Stadtbaumarten leiden
recht stark unter den höheren Temperaturen und längeren Trockenphasen. Die globale Erwärmung fördert zudem die Verbreitung von neuen Schädlingen und Krankheitserregern, die teilweise bereits jetzt eine große Belastung für die hiesigen
Bäume darstellen. Beispiele hierfür sind die Kastanienminiermotte (die bei der weißblühenden Rosskastanie einen verfrühten Laubabwurf und einem Rückgang der Vitalität auslösen kann), die durch Schadpilze ausgelöste Massaria-Krankheit der Platanen (die eine verstärke Totholzbildung und Astabwürfe zur Folge hat) oder das durch Pilze ausgelöste Eschentriebsterben (welches zu einem Absterben der gesamten Pflanze führen kann).
Deshalb wird nach neuen Baumarten gesucht, die besser mit den veränderten klimatischen Bedingungen zurechtkommen. So werden neben den etablierten Stadtbäumen zunehmend hitze- und trockenheitstolerante Baumarten aus Südosteuropa oder Mittelamerika sowie selektierte Varianten und Kreuzungen der heimischen Baumarten gepflanzt. Die Zusammensetzung des Straßenbaumbestandes wird dadurch vielfältiger und somit stabiler gegenüber klimabedingten Veränderungen, wie beispielsweise längeren Dürreperioden.
[…]“

Charlottenburg-Wilmersdorf ist Teil der Herbstpflanzung 2022 der Berliner Stadtbaumkampagne der Senatsumweltverwaltung. Zusätzlich zu den eigenen Neupflanzungen werden über die Kampagne 124 Bäume im Bezirk gepflanzt.

6. Auf einen Zeitraum von 10 Jahren gerechnet (2012-2022), hat sich der Baumbestand des Bezirks negative oder positive entwickelt und liegen hierzu Zahlen vor?

Die Bilanz der erfassten Bäume ist negativ. Die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage 691/5 aus der letzten Wahlperiode enthält ausführlichere Zahlen zur Entwicklung des Baumbestands innerhalb der letzten 10 Jahre.